Missbrauchsskandal um Investmentbanker
Epstein-Liste: Was wir wissen und was nicht
Im Missbrauchsskandal um Jeffrey Epstein hat ein New Yorker Gericht die Veröffentlichung von Namen mit Verbindung zu dem gestorbenen US-Multimillionär angeordnet.
Quelle: Uma Sanghvi/The Palm Beach Post/
In dieser Woche wurde ein neuer Stapel mit bisher versiegelten Dokumenten im Epstein-Fall veröffentlicht. Sie zeigen, welche Personen mit dem Investmentbanker in Verbindung standen– und welche nicht.
Mutmaßlich mehr als 150 Namen sind in den vergangenen Tagen in Zusammenhang mit dem Missbrauchsskandal um den toten Investmentbanker Jeffrey Epstein veröffentlicht worden. Und auf den ersten Blick scheint in den Fall neue Bewegung gekommen zu sein. Vier Jahre, nachdem sich der verurteilte Sexualstraftäter Jeffrey Epstein das Leben genommen hat.
Weiterlesen nach der
Anzeige
Weiterlesen nach der
Anzeige
900 Seiten umfassen die Gerichtsunterlagen, die aus einem Zivilstreit zwischen einem der Opfer von Epstein, Virginia Giuffre, und Epsteins langjähriger Partnerin Ghislaine Maxwell hervorgegangen sind. Sie enthalten Namen von Personen, die schon vor der Veröffentlichung bekannt waren – wie beispielsweise von prominenten Persönlichkeiten, aber auch Opfern, die sich bereits öffentlich geäußert hatten. Was wir über den Inhalt der Akten wissen und was nicht.
Virginia Roberts Giuffre hält ein Foto von sich als Teenager hoch. Eine Zeit, in der sie, wie sie sagt, von Jeffrey Epstein, Ghislaine Maxwell und Prinz Andrew missbraucht wurde.
Quelle: picture alliance / ZUMAPRESS.com
Worum geht es bei den Dokumenten?
Die Dokumente sind Teil des Zivilstreits von 2015 zwischen Giuffre und Maxwell, der ehemaligen Partnerin von Epstein. Giuffre hatte ausgesagt, dass sie im Sommer, in dem sie 17 wurde, von ihrem Job als Spa-Betreuerin in Donald Trumps Mar-a-Lago-Club abgeworben wurde, um als „Masseurin“ für Epstein zu arbeiten – ein Job, bei dem es um sexuelle Handlungen ging. Sie sagte zudem aus, dass sie gezwungen worden sei, Geschlechtsverkehr mit Personen aus Epsteins sozialem Umfeld zu haben. Dazu gehörten nach ihren Aussagen unter anderem der britische Prinz Andrew, der ehemalige Gouverneur von New Mexico, Bill Richardson, oder der Millionär Glenn Dubin. Alle Männer sagten aus, die Vorwürfe von Giuffre seien erfunden.
Weiterlesen nach der
Anzeige
Weiterlesen nach der
Anzeige
Zwar wurde Giuffres Klage gegen Maxwell 2017 beigelegt, der „Miami Herald“ ging kurze Zeit später jedoch vor Gericht, um Zugang zu den Gerichtsakten zu bekommen. Sie wurden ursprünglich unter Verschluss gehalten und enthielten Abschriften von Interviews, die die Anwälte mit potenziellen Zeuginnen und Zeugen geführt hatten.
2019 wurden deshalb 2000 Seiten veröffentlicht, in den Jahren darauf folgten weitere. Auch die diesjährige Veröffentlichung soll nicht die letzte gewesen sein.
Warum wurden die Namen auf der Epstein-Liste jetzt veröffentlicht?
Das liegt an dem Gerichtsprozess. Schon vor der Veröffentlichung waren Tausende Dokumente an die Öffentlichkeit gelangt, jedoch waren Abschnitte aufgrund von Datenschutzbedenken geschwärzt worden. Die US-Richterin Loretta A. Preska ordnete dann im Dezember an, diese Bearbeitungen rückgängig zu machen und die Namen zu veröffentlichen. Vor allem aus dem Grund, dass die Namen in den Dokumenten bereits von verschiedensten Medien berichtet oder in anderen Gerichtsverfahren publik gemacht wurden.
Weiterlesen nach der
Anzeige
Weiterlesen nach der
Anzeige
Welche Namen wurden veröffentlicht?
Die Namen, die in den Akten genannt werden, gehören zu Epsteins Anklägern, aber auch zu seinem Personal, zu Zeuginnen, Zeugen und Personen, die gegen Epstein ermittelt haben, wie beispielsweise ein Journalist, die Staatsanwaltschaft und Polizeikräfte. Auch bekanntere Namen sind in den Akten zu finden. Einige, von denen bekannt ist, dass sie im Laufe der Jahre mit Epstein in Kontakt standen – ihre Beziehung zu ihm sei jedoch bereits an anderen Stellen gut dokumentiert und veröffentlicht worden, wie die Richterin erklärte. Manche Personen der Liste sind beispielsweise auch Verwandte von Missbrauchsopfern Epsteins.
Beispielsweise geht es um den französischen Modelagenten Jean-Luc Brunel. Gegen ihn lief ein Prozess wegen Vergewaltigung Minderjähriger, er nahm sich jedoch 2022 in einem Pariser Gefängnis das Leben. Neben ihm tauchen auch die Namen der ehemaligen US-Präsidenten Bill Clinton und Donald Trump auf. Clinton, bisher im Prozess als „John Doe 36″ (etwa „Max Mustermann 36″) bezeichnet, hatte Medien zufolge gegen die Nennung seines Namens keinen Einspruch erhoben. Die nun veröffentlichten Unterlagen enthalten Clintons Namen Dutzende Male, unter anderem in Zeugenaussagen, die ihn in die Nähe der Taten Epsteins rücken. Wie unter anderem das US-Medium „Axios“ beschreibt, enthalten diese Passagen aber keine Beweise zu illegalem Verhalten des ehemaligen Präsidenten. In den vorliegenden Schriften wird außerdem Donald Trump nur im Kontext der Befragung einer Zeugin genannt, die angab, zu Trump niemals sexuellen Kontakt gehabt zu haben.
Kulturkampf in Frankreich – wie die Debatte um Gérard Depardieu das Land spaltet
Dem Schauspieler werden Vergewaltigung und sexuelle Nötigung vorgeworfen. Ist er Opfer einer medialen „Menschenjagd“, wie Präsident Emmanuel Macron meint? Oder muss er endlich für seine Taten geradestehen?
Ebenso häufig und in teils ähnlichem Kontext taucht Prinz Andrew namentlich auf. Der Adelsspross konnte 2022 einen Zivilprozess im Zusammenhang mit Epsteins Missbrauchsring abwenden. Er gab öffentlich trotz der Vorwürfe der US-Klägerin Virginia Giuffre gegen ihn nie zu, Sex mit der damals Minderjährigen gehabt zu haben. Es ist unklar, wie viel er für den Vergleich mit der Amerikanerin zahlte. Die in den Unterlagen beschriebenen schweren Vorwürfe gegen Andrew sind dabei zum großen Teil nicht neu, sondern vorher bereits von Medien aus eigenen Recherchen berichtet worden.
Neu scheinen dagegen die Namensnennungen des „King of Pop“ Michael Jackson und des Magiers David Copperfield zu sein. Aus ihnen scheint sich zumindest die einmalige Anwesenheit der Prominenten bei einer Veranstaltung Epsteins abzuleiten. Da mindestens zwei Personen beim US-Gericht Einspruch gegen die Veröffentlichung ihrer Namen eingelegt hatten, ist es möglich, dass in den kommenden Wochen noch weitere Dokumente veröffentlicht werden.
Weiterlesen nach der
Anzeige
Weiterlesen nach der
Anzeige
Harvey Weinstein schuldig gesprochen
Die Geschworenen sprachen Weinstein aber lediglich der Vergewaltigung in einem minderschweren Fall schuldig. Ihm droht dennoch eine jahrelange Haft.
Quelle: Reuters
Ein weiterer Name, der in dem Kontext erschienen ist, ist der des Astrophysikers Steven Hawking. Hawking besuchte Epsteins private Karibikinsel einmalig im Jahr 2006 für eine Konferenz, Monate bevor der Finanzier zum ersten Mal wegen Kindesmissbrauchs angeklagt wurde, berichtete „The Independent“. Der „Independent“ berichtet zudem, Hawking habe eine Mitfahrgelegenheit in einem maßgeschneiderten U-Boot bekommen.
Haben die Menschen auf der Liste sich an den Taten beteiligt?
Vor Veröffentlichung der Dokumente hatten Gerüchte die Runde gemacht, dass sie eine Liste von möglichen „Kunden“ oder „Mitverschwörern“ von Epstein enthalten könnten. Das stimmt so jedoch nicht. Zwar zeigt die Liste, welche Personen sich im nahen Umfeld Epsteins aufhielten, jedoch beweist das nicht, dass sie sich an den Taten beteiligt haben. Eine Nennung der Namen bedeutet nicht etwa, dass die Person aktiver Teil des Missbrauchsnetzwerks um Epstein war. Die Namen von Clinton, Jackson und Hawking sind in diesem Zusammenhang Gegenstand von Verschwörungstheorien und Falschbehauptungen. Die Gefahr ist hoch, dass Menschen eine Tatbeteiligung vorgeworfen wird, die sich nicht bewahrheitet.
Ghislaine Maxwell und Jeffrey Epstein.
Quelle: SWR - Das Erste/SWR/dpa/obs
Gibt es Namen, die weiterhin nicht veröffentlicht werden?
Ja, die gibt es. Richterin Preska erklärte, dass eine Handvoll Namen weiterhin geschwärzt blieben – um die Identität der Opfer zu schützen.
Weiterlesen nach der
Anzeige
Weiterlesen nach der
Anzeige
Gibt es noch mehr Dokumente, die veröffentlicht werden könnten?
Die Dokumente, die in dieser Woche veröffentlicht wurden, sind ein Teil von Tausenden, die zuvor veröffentlicht wurden. Die Nachrichtenagentur Associated Press rechnet damit, dass noch bis zu 250 weitere Dokumente veröffentlicht werden könnten.
Mit Agenturmaterial